Seitenpfad:

Beschluss des Landesparteitages vom 12.06.2021

12.06.2021

Beschluss A 12 - Die Corona-Pandemie zeigt Eine feministische Politik ist wichtiger denn je

  • Professionelle Care-Berufe, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, müssen kontinuierlich finanziell aufgewertet werden und die dortigen Arbeitsbedingungen erheblich verbessert werden. Ein Beklatschen der Care-Berufe und vorübergehende finanzielle Prämien dürfen nicht die einzigen Symbole der Wertschätzung bleiben!
  • Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Reduzierung von Arbeitszeiten oder vorübergehende berufliche Unterbrechungen für Sorgearbeit für alle Geschlechter ausgeglichen werden können und entsprechende Wertschätzung erfahren. Die Politik ist hier gefragt, geeignete Maßnahmen einzuführen,
    B. Zeitbudgets sowie Lohnersatzleistungen einzuführen.
  • Sorgende Nachbarschaften zu fördern, um eigenverantwortliche soziale Unter-stützungsnetze im direkten häuslichen Umfeld über die Familie hinaus zu ermöglichen
  • Die Bedürfnisse der Frauen müssen bei den politischen Debatten und den coronabedingten Entscheidung generell mehr Berücksichtigung finden.

Neben diesen Missständen ist die Corona-Pandemie für Frauen aber auch besonders gefährlich, weil sie verstärkt häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. Die Pandemie stellt viele Familien und Beziehungen vor großen Herausforderungen wie z.B. Existenzängs-te, finanzielle Sorgen und allgemein (soziale) Einschränkungen im Alltag. All dies ver-stärkt das Risiko häuslicher Gewalt insbesondere gegenüber Frauen. Hinzu kommt, dass aufgrund der coronabedingten Kontaktbeschränkungen oder Quarantänemaß-nahme die Möglichkeiten, sich Hilfe zu suchen, z.B. bei Freunden oder den entspre-chenden Beratungsstellen, eingeschränkt sind. Diese prekären Umstände müssen durchbrochen werden um Frauen auch während der gegenwärtigen Corona-Pandemie den notwendigen und ausreichenden Schutz vor häuslicher Gewalt bieten zu können. Häusliche Gewalt ist keine Privatsache. Bereits seit 2002 gibt es mit dem Gewalt-schutzgesetz für Opfer häuslicher Gewalt die Möglichkeit, bei Gericht eine Gewalt-schutzanordnung. z. B. ein Näherungs-/Kontaktverbot) und/oder eine Wohnungszu-weisung zu beantragen. Für Frauen, deren Partner gewalttätig sind, bedeutet dies: nicht sie müssen die Wohnung verlassen und sich in Sicherheit bringen, sondern der Täter/die Täterin muss gehen.

 

Analysen zeigen außerdem, dass bundesweit die finanzielle Lage der Frauenhäuser schlecht ist und dass diese häufig voll belegt sind. Oft werden Frauen deswegen ab-gewiesen. Der Europarat empfiehlt einen Frauenhausplatz pro 7500 gemeldete Perso-nen. Laut Correctiv.org stehen in Bremen 1,36 Plätze pro 7500 gemeldete Personen zur Verfügung. Damit wird Bremen zwar der Empfehlung des Europarats gerecht. Un-ter Anbetracht der steigenden Gewalt gegenüber Frauen ist diese Platzanzahl jedoch zu wenig!

All diese Missstände müssen durchbrochen werden. Dies lässt sich nur mit einer um-fassenden feministischen Politik erreichen, welche die Bedürfnisse und Risiken der Frauen ernst nimmt und in konkrete Politik umsetzt. Jetzt und in Zukunft!

Deswegen fordern wir:

  • Die Bedürfnisse der Frauen und von Menschen, die Sorgearbeit leisten, müssen bei den politischen Debatten und den coronabedingten Entscheidung generell mehr Berücksichtigung finden.
  • Eine bessere öffentliche Wahrnehmung und Sensibilisierung für das Thema Gewalt gegenüber Frauen schaffen: Insbesondere während der coronabedingten Einschränkungen (und ihren Folgen) müssen schnellere und einfachere Wege zu Hilfsangeboten in Form von provisorischen Beratungsstellen im öffentlichen Raum ermöglicht werden, wie z. B. in Behörden oder auch in Supermärkten und telefonischen und Online-Beratungen.
  • Opfer häuslicher Gewalt auf die bereits bestehenden Möglichkeiten des Wegweisungsrechts und des Gewaltschutzgesetzes aufmerksam zu machen und sie bei der Umsetzung ihrer Rechte nach dem Prinzip „wer schlägt, der geht“ ausdrücklich zu unterstützen sofern sie das wünschen.
  • Die Rahmenbedingungen für Frauenhäuser müssen verbessert werden. Das bedeutet, mindestens die zusätzlich nötigen Plätze in den Frauenhäusern Bremens zur Verfügung zu stellen, um die Umsetzung der Istanbulkonvention sicherzustellen. Diese Plätze müssen Anforderungen an geschütztem Wohnraum für Frauen wie auch für zugehörige Kinder erfüllen. Entsprechende Räumlichkeiten sind sicherzustellen. Hierfür muss eine verlässliche und bedarfsdeckende Finanzierung gewährleistet sein, damit die Frauenhäuser ihre Kapazitäten ausbauen und die Räumlichkeiten besser ausstatten können.